Vortrag Richard Benz zum Gedächtnis – Aus Anlaß des 50. Todestages

24. November 2016, 19:00 Uhr, Museum Haus Cajeth, Haspelgasse 12, 69117 Heidelberg

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Im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Vereins Freundeskreis Literaturhaus Heidelberg e.V. spricht Michael Buselmeier aus Anlaß des 50. Todestages von Richard Benz über das Thema

»Grandseigneur des Geistes«
Richard Benz zum Gedächtnis

Benz

Richard Benz, der 1907 in Heidelberg mit einer Arbeit zum Thema »Märchen-Dichtung der Romantiker« promoviert wurde und von 1910 bis zu seinem Tod am 9. November 1966 als Privatgelehrter in der Stadt lebte, hat ein reiches schriftstellerisches Werk hinterlassen. Als »Grandseigneur des Geistes« wurde Benz – nicht zuletzt für seine Stadtgeschichte Heidelberg. Schicksal und Geist (1961) – öffentlich geehrt und hochgeschätzt, zum Ehrenbürger die Stadt Heidelberg ernannt und in die Heidelberger Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1959 berief ihn die Universität zum Honorarprofessor für deutsche Kulturgeschichte. Seit 1976 vergibt die Stadt als Hommage an ihn die Richard-Benz-Medaille für Verdienste um Kultur und Wissenschaft.

Benz’ vom geistigen Leben der Heidelberger Romantiker inspiriertes Schaffen wird der Vortrag vergegenwärtigen. Darüber hinaus auch die vielfältigen kulturellen Initiativen, die Heidelberg dem Gelehrten verdankt, u.a. die Gründung literarischer Vereinigungen, der Betrieb einer buchkünstlerischen Druckerwerkstatt und die Tätigkeit als musikalischer Berater für die Heidelberger Schloßfestspiele.

Der Vortrag ist eine Gemeinschaftsveranstaltung von Freundeskreis Literaturhaus Heidelberg e.V., Heidelberger Geschichtsverein e.V. und der Gesellschaft der Freunde des Museum Haus Cajeth e.V.

Vortragssaal Museum Haus Cajeth
Haspelgasse 12
60117 Heidelberg

Eintritt frei

 

RNZ vom 01.12.2016, Seite 5 – HEIDELBERG

„Er könnte sich heute nicht mehr sehen lassen“
Michael Buselmeier sprach im Haus Cajeth zum 50. Todestag von Richard Benz – Umstrittener Schriftsteller mit gigantischem Œuvre
Von Arndt Krödel

Mit dem akademischen Betrieb wollte Richard Benz frühzeitig nichts mehr zu tun haben. Nach seiner Promotion an der Universität Heidelberg im Jahr 1907 über die „Märchen-Dichtung der Romantiker“ zog der gerade 23-Jährige es vor, das Leben eines Privatgelehrten und Schriftstellers zu führen. Richard Benz, Namensgeber einer von der Stadt Heidelberg für Verdienste um Kultur und Wissenschaft verliehenen Medaille, war ein freier, unabhängiger Geist, der sich von keinerlei Grenzen einengen lassen wollte. Doch scheint der Ehrenbürger Heidelbergs, der am 9. November 1966 starb, heute in Vergessenheit geraten zu sein – ein Zustand, dem der Heidelberger Schriftsteller Michael Buselmeier, 2003 selbst mit der Benz-Medaille ausgezeichnet, mit einem Vortrag im Haus Cajeth unter dem Titel „Grandseigneur des Geistes“ entgegenwirken konnte.

Dazu eingeladen hatte der Freundeskreis Literaturhaus Heidelberg zusammen mit dem Heidelberger Geschichtsverein aus Anlass des 50. Todestages. Für Matthias Wermke, den Vorsitzenden des Freundeskreises, ist Buselmeier vielleicht „so etwas wie ein Enkel im Geiste von Richard Benz“, wie er in seiner Begrüßung im voll besetzten Vortragssaal sagte. Der Redner selbst rückte in der ihm eigenen trockenen Art erst einmal den Titel seines Vortrags zurecht, der nicht von ihm stamme: „Mit ‚Grandseigneur des Geistes’ ist nichts“, urteilte er kurz und bündig.

Benz sei immer umstritten gewesen, bewegte sich stets gegen die Zeitströmung und hatte schon damals Ärger mit seinem Plädoyer für Deutschland. „Heute könnte er sich gar nicht mehr sehen lassen“, meinte der Literat im Kontext der vorherrschenden politischen Korrektheit. Er habe das Mittelalter über die Renaissance gesetzt – damals eine Provokation, die heute wohl noch größer sei –, und die von ihm propagierte Liebe zur nationalen Kultur sei heute ebenfalls umstritten. Buselmeier, dessen Vortrag einen imponierenden Einblick in Leben und Werk von Richard Benz lieferte, würdigte das „gigantische“, nur schwer überschaubare Œuvre des Schriftstellers.

Von „Germanisten und politisierenden Reformisten“ sei Benz schon zu Lebzeiten ständig „heruntergemacht“ worden. Freilich habe er sie zuvor von oben herab kritisiert und provoziert. Ein normaler Kulturhistoriker war er nicht. „Ganz auf sich allein gestellt, hat er vorgeblich für das Volk, praktisch jedoch für die Gebildeten ein erneuertes Reich der romantischen Poesie entworfen, die Gegenwelt eines wiedergewonnenen, idealisierten Mittelalters“, so Buselmeier.

Sein im Juni 1933 veröffentlichtes, laut Buselmeier viel beachtetes und hoch umstrittenes Buch „Geist und Reich“ enthielt schon eingangs eine Abgrenzung vom nationalsozialistischen Rasse-Mythos. Benz’ Zurückhaltung gegenüber dem Nationalsozialismus habe jedoch Verärgerung ausgelöst. Das Buch galt bei den NS-Machthabern bald als Werk der „intellektuellen Reaktion“ und wurde im September 1935 verboten. Benz, dessen enge Freunde Juden waren, hatte sich der Forderung einer Neufassung mit Einarbeitung der Rassentheorie strikt verweigert.

Der Schriftsteller habe sich nicht als „Epigone einer vergangenen Kultur“, sondern als „Retter des ursprünglich Poetischen und Geheimnisvollen in einer zunehmend technokratischen Welt“ verstanden, wie Buselmeier feststellte. 1961 erschien seine Stadtgeschichte „Heidelberg – Schicksal und Geist“. In dem Buch pries er besonders die junge Heidelberger Romantik um Arnim, Brentano und Görres. Fünf Jahre später starb er in seiner Wohnung im Hutzelwaldweg. Am Ende, so bekannte Buselmeier, wisse er selbst nicht mehr so genau, wie er sich in Zukunft zu diesem „irgendwie aus der Zeit gerutschten Werk“ verhalten solle. Aber der Autor bleibe ihm als Vorausgehender und inzwischen fast Gleichaltriger „weiterhin sympathisch“. Er grüße ihn jedes Mal, wenn er mit seinem Fahrrad an dem Haus vorbeikomme.